Huffman landet zweiten Ausreißer-Coup

Nur auf dem Podium kann Bennett die Angriffe nicht abwehren

Von Felix Mattis aus Pasadena

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George Bennett (LottoNL-Jumbo) hat die Kalifornien-Rundfahrt gewonnen. | Foto: Cor Vos

21.05.2017  |  (rsn) - "Konzentration, Schmerzen, Freude - und dann wieder Schmerzen, weil Lachlan mir mit dem Champagner ins Auge gespritzt hat", lachte George Bennett (LottoNL-Jumbo), als er den letzten Tag der 12. Amgen Tour of California zusammenfasste, aus der er als Sieger hervorgeht. Der Neuseeländer verteidigte auf der 125 Kilometer kurzen Schlussetappe vom Skigebiet Mountain High ins rund 2.000 Meter tiefer gelegene Pasadena trotz zahlreicher Angriffe seiner Kontrahenten das Gelbe Trikot und seine 35 Sekunden Vorsprung auf Rafal Majka (Bora-hansgrohe) sowie 36 Sekunden auf Andrew Talansky (Cannondale-Drapac) souverän - auch wenn er 22 Sekunden nach dem Tagessieger Evan Huffman (Rally Cycling) in Pasadena ankam.

Der US-Amerikaner gewann die Schlussetappe bei Temperaturen von bis zu 35 Grad aus einer fünfköpfigen Spitzengruppe heraus und wiederholte somit seinen Erfolg vom Mittwoch in Santa Clarita, wo er ebenfalls den Sprint der Ausreißer für sich entschieden hatte. "Es ist unglaublich, hier zwei Etappen und das Trikot zu gewinnen. Das ist einfach verrückt", freute sich Huffman, der auch mit dem Blauen Trikot des ämpferischsten Fahrers belohnt wurde - wohl stellvertretend für sein gesamtes Team. Denn der drittklassige Continental-Rennstall Rally Cycling animierte die Kalifornien-Rundfahrt täglich und saß auch auf Etappe 7 zu dritt in der zunächst sechs- und am Ende fünfköpfigen Gruppe des Tages.

Huffman setzte sich dort schließlich vor David Lopez (Sky) und Nicolas Edet (Cofidis) durch. "Lopez saß den ganzen Tag nur in der Gruppe, ohne auch nur ein einziges Mal an der Spitze zu fahren. Also wusste ich, dass er es am Ende versuchen würde und entschied mich, im Finale an seinem Hinterrad zu bleiben", erklärte der Sieger. "Auf der Zielgeraden kamen wir dann nach vorne, Lopez rechts und ich links, und eröffneten einen langen Slow-Motion-Sprint."

Dass Lopez in der Ausreißergruppe nicht mitarbeitete, hatte einen einfachen Grund: Lachlan Morton (Dimension Data). Der Australier nämlich war eine Gefahr für das Nachwuchstrikot von Lopez' Sky-Teamkollege Tao Geoghegan Hart und nahm es dem jungen Briten schließlich auch ab, so dass er ebenfalls aufs Podium durfte, um dort am Ende der Trikot-Zeremonien mit Champagner um sich zu spritzen und Bennetts Auge zu befeuchten.

Morton hatte die Führung in der Nachwuchswertung am Freitag im Einzelzeitfahren am Big Bear Lake abgeben müssen, nachdem er direkt am Start einen Defekt hatte. "Natürlich war das sehr enttäuschend. Aber ich wollte das Team für die Arbeit in der ganzen Woche belohnen, also abe ich es heute versucht", erklärte der Australier seinen Angriff am ersten von drei kategorisierten Anstiegen des sonst hauptsächlich bergab führenden Teilstücks.

Mortons Attacke, die ein Konter auf den ersten von unzähligen Versuchen Talanskys war, Bennett abzuschütteln, brachte die sechsköpfige Gruppe des Tages um Huffman, Lopez, Edet sowie die beiden Rally-Fahrer Rob Britton und Sepp Kuss zustande, aus der lediglich Kuss sich im Finale nach viel Arbeit im Wind noch verabschieden musste. Das Sextett bekam nie mehr als zwei Minuten Vorsprung vom Peloton, weil Morton zu gefährlich für die Gesamtwertung war, und so hieß es ununterbrochen: Vollgas.

Das galt auch für das Peloton, wo die Sprinter um Marcel Kittel (Quick-Step Floors) und Alexander Kristoff (Katusha-Alpecin) in Probleme gerieten und ihrerseits in den Verfolgungsmodus schalten mussten - vergeblich. Kittel hoffte zwar bis zum Schluss, wieder nach vorne zu kommen, doch es gelang nicht, und so sprintete er in der zweiten großen Gruppe auf Tagesrang 32 - 53 Sekunden nach Huffman.

"Wir waren immer in Schlagdistanz, hatten nie mehr als anderthalb Minuten Rückstand und sind am Schluss nochmal nähergekommen. Wären wir ein paar Schlussrunden gefahren, hätten wir es vielleicht noch geschafft. Aber hätte, wäre, wenn - jedenfalls sind wir mit der Mannschaftsleistung zufrieden", sagte der 29-Jährige.

John Degenkolb (Trek-Segafredo) und Peter Sagan (Bora-hansgrohe) hingegen hielten sich in der Favoritengruppe um Bennett und Co. und sorgten mit ihren Teams auf den letzten 40 Kilometern des Tages für die Verfolgung der Ausreißer. Doch näher als bis auf 22 Sekunden kamen auch sie nicht mehr heran, so dass sie nur noch die Plätze acht und sechs ersprinten konnten.

"Beim Blick auf das Profil hätte man denken können: Okay, noch drei Berge und dann fahren wir noch einen schönen Sprint. Aber der Rennverlauf hat das nicht hergegeben", sagte Degenkolb. "Ich denke, das war für mich die schwerste Etappe der Woche, weil von Anfang bis Ende Vollgas gefahren wurde."

Bevor Morton, Huffman und Co. sich am ersten der drei Anstiege des Tages absetzten, hatte das Peloton das Rennen in der rund 20 Kilometer langen Abfahrt zu Beginn der Etappe neutralisiert. Damit reagierte man auf mehrere Stürze auf der technisch schweren Abfahrt. Unter anderem waren Juraj Sagan (Bora-hansgrohe) und Taylor Phinney (Cannondale-Drapac) zu Boden gegangen - Phinney musste das Rennen sogar aufgeben.

Während Bennett die Rundfahrt im Gelben, Morton im Weißen und Huffman im Blauen Trikot beendeten, sicherte sich Peter Sagan einmal mehr das Grüne Trikot des Punktbesten. Die Bergwertung ging an den Kolumbianer Daniel Alexander Jaramillo (UnitedHealthcare). Bester Deutscher der 12. Amgen Tour of California war Maximilian Schachmann (Quick-Step Floors), der mit 4:50 Minuten Rückstand auf Bennett Gesamt-15. wurde.

Tageswertung:
1. Evan Huffman (Rally Cycling)
2. David Lopez (Sky) s.t.
3. Nicolas Edet (Cofidis) s.t.
4. Lachlan Morton (Dimension Data) s.t.
5. Rob Britton (Rally Cycling) s.t.
6. Peter Sagan (Bora-hansgrohe) + 0:22 Minuten
7. Matteo Trentin (Quick-Step Floors) + 0:22
8. John Degenkolb (Trek-Segafredo) + 0:22
9. Benjamin King (Dimension Data) + 0:22
10. Jhonatan Restrepo (Katusha-Alpecin) + 0:22

Endstand:
1. George Bennett (LottoNL-Jumbo)
2. Rafal Majka (Bora-hansgrohe) + 0:35
3. Andrew Talansky (Cannondale-Drapac) + 0:36
4. Brent Bookwalter (BMC) + 0:45
5. Ian Boswell (Sky) + 1:00

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