Beim Giro Donne erster WorldTour-Sieg

Niedermaier triumphiert auf Königsetappe vor van Vleuten

Von Matthias Seng

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Antonia Niedermaier (Canyon – SRAM) hat die Königsetappe des 34. Giro d´Italia Donne gewonnen. | Foto: Cor Vos

04.07.2023  |  (rsn) – Antonia Niedermaier (Canyon – SRAM) hat auf der Königsetappe beim 34. Giro d'Italia Donne (2.WWT) alle Top-Favoritinnen hinter sich gelassen und erstmals in ihrer Karriere ein Rennen auf WorldTour-Niveau gewonnen. Die 20-Jährige aus Bad Aibling entschied das fünfte Teilstück über 105,6 Kilometer von Salassa nach Ceres nach einer Attacke kurz vor dem vorletzten Gipfel des Tages und einer anschließenden Solofahrt von rund 24 Sekunden mit neun Sekunden Vorsprung auf Titelverteidigerin Annemiek van Vleuten (Movistar) für sich.

Die Trägerin des Rosa Trikots, die in der letzten Abfahrt des Tages nur mit Mühe einen Sturz vermeiden konnte, vergrößerte als Tageszweite ihren Vorsprung im Gesamtklassement, in dem Niedermaier gleich 12 Positionen gut machten und nun auf Rang zwei geführt wird.

“Ich bin überwältigt, das ist mein erster Giro. Ich bin noch so jung und kann es noch nicht realisieren. Ich habe bis zum Ende gezweifelt, ob ich es schaffen würde, erst an der Ziellinie war ich mir sicher, es ist so ein großartiges Gefühl“, sagte Niedermaier, die den Sieg ihrer in diesem Jahr verstorbenen Großmutter widmete.

Bei einem schweren Sturz ebenfalls in der letzten Abfahrt zog sich die gestrige Tagessiegerin Elisa Longo Borghini (Lidl – Trek) zwar blutende Wunden zu, konnte die Etappe aber beenden. Allerdings büßte die Italienische Meisterin, bisher Zweite der Gesamtwertung, fast acht Minuten ein und fiel damit im Klassement weit zurück.

1:26 Minuten hinter Niedermaier und van Vleuten sicherte sich die Neuseeländerin Niamh Fisher-Black (SD Worx) im Sprint einer vierköpfigen Verfolgerinnengruppe den dritten Rang vor der Französin Juliette Labous (DSM – firmenich) und der US-Amerikanerin Veronica Ewers (EF Education – Tibco –SVB), Sechste wurde Longo Borghinis Teamkollegin Gaia Realini (+1:32).

Im Gesamtklassement liegt van Vleuten nun deutliche 2:07 Minuten vor Niedermaier und 2:18 Minuten vor Ewers, Juliette folgt mit genau drei Minuten Rückstand auf Platz vier vor Realini (+3:14). “Es war so ein schwerer Tag, ich denke, das sieht man an meinem Gesicht“, sagte van Vleuten im Ziel-Interview. “Wir haben unser Ziel erreicht, Pink zu verteidigen. Am Ende habe ich auch um den Etappensieg gekämpft, aber das Wichtigste ist, dass ich Zeit auf die anderen Klassementfahrerinnen gutmachen konnte“, sagte die 40-Jährige, die zu diesem Zeitpunkt offenbar noch nicht über den Sturz von Longo Borghini informiert war.

Van Vleuten führt auch die Punkte- und nun auch die Bergwertung an, Niedermaier übernahm die Spitzenposition in der Nachwuchswertung des Giro Donne.

So lief die 4. Etappe des 34. Giro d'Italia Donne:

Titelverteidigerin van Vleuten attackierte schon am Fuß des 9,8 Kilometer langen und 8,6 Prozent steilen Passo del Lupo, wobei ihr zunächst sieben Fahrerinnen, darunter auch Niedermaier, folgen konnten. Dann aber dünnte die Niederländerin mit weiteren Angriffen die Gruppe schnell weiter aus, so dass schließlich nur noch Longo Borghini, Realini und Fisher-Black ihr Hinterrad halten konnten.

Van Vleuten sicherte sich am mit 1.405 Metern höchsten Punkt des diesjährigen Giro Donne den mit 13 Punkten dotierten Bergpreis und übernahm damit virtuell auch die Führung im Bergklassement von Marta Cavalli (FDJ – Suez), die sich danach gemeinsam mit Niedermaier, Labous, Erica Magnaldi und Silvia Persico (beide UAE Team ADQ) auf die Verfolgung der Spitzengtruppe machte und im flacheren Abschnitt kurz vor dem zehn Kilometer langen und vier Prozent steilen Anstieg nach Vietti den Anschluss wieder herstellen konnten. Hinter der nun neunköpfigen Spitzengruppe folgten mit bereits drei Minuten Rückstand elf Verfolgerinnen.

Im Anstieg der 3. Kategorie versuchten Labous und Magnali sich aus der Gruppe zu lösen, ehe van Vleuten rund drei Kilometer vor dem Gipfel ihre Gegnerinnen wieder testete. Doch als die Gesamtzwölfte Persico rund 1000 Meter vor der Bergwertung antrat, hielt van Vleuten die Beine still, dafür jedoch setzte Niedermaier den Konter, sicherte sich den Bergpreis und stürzte sich mit 15 Sekunden Vorsprung auf Fisher-Black in die Abfahrt. Die junge Neuseeländerin wurde kurz darauf von den Favoritinnen gestellt, doch Niedermaier baute ihren Vorsprung auf fast eine Minute aus.

Die Gruppe hinter der jungen Deutschen wurde 15 Kilometer vor dem Ziel dann sogar von den weiteren Verfolgerinnen aufgefahren. Im vier Kilometer langen und gut acht Prozent steilen Anstieg nach Sant'Ignazio vergrößerte die Spitzenreiterin die Lücke sogar noch um einige weitere Sekunden. Erst als van Vleuten und Longo Borghini 2,5 Kilometer vor der Bergwertung die Jagd auf Niedermaier eröffneten, schrumpfte der Abstand. 1.000 Meter vor dem Gipfel betrug er noch 30 Sekunden, von dem am Bergpreis noch 15 übrig waren.

Das Profil der Königsetappe des Giro Donne | Foto: Veranstalter

Kurz vor der Bergwertung schüttelte van Vleuten die Italienische Meisterin doch noch ab und stürzte sich in die letzte Abfahrt des Tages, in der sich die Trägerin des Rosa Trikots versteuerte und am Seitenstreifen gerade noch so zu stehen kam. Longo kam kurz darauf in einer Kurve ebenfalls von der Strecke ab, überschlug sich und landete in einem Waldstück. Kurz darauf konnte auch die 31-Jährige das Rennen zwar fortsetzen, allerdings mit hier schon unaufholbarem Rückstand.

Niedermaiers Vorsprung wuchs durch das Pech ihrer Verfolgerinnen auf bis zu 20 Sekunden an, doch zwei Kilometer vor dem Ziel sah van Vleuten die Deutsche U23-Zeitfahrmeisterin vor sich. Allerdings behauptete Niedermaier ihren Vorsprung von rund zehn Sekunden und sicherte sich souverän den bisher größten Sieg ihrer Radsportkarriere vor der doppelt so alten van Vleuten.

Mit 1:25 Minuten Rückstand sicherte sich im Sprint der weiteren Verfolgerinnen Fisher-Black den dritten Platz vor Labous, Ewers und Realini. Longo Borghini, die gestern noch die 4. Etappe gewonnen hatte, erreichte mit blutigen Spuren im Gesicht und an den Armen, in Begleitung ihrer Teamkollegin Shirin van Anrooij.

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