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Sebastian Lang: Ich war schon früh Realist | radsport-news.com

Interview zum Karriereende

Sebastian Lang: "Ich war schon früh Realist"

Foto zu dem Text "Sebastian Lang:
Seit 2009 fährt Lang für Omega Pharma Lotto Foto: ROTH

21.09.2011  |  (rsn) - Die Vuelta a Espana war Sebastian Langs (Omega Pharma Lotto) letztes Profirennen. Im Interview mit Radsport News blickt der 32-jährige Erfurter auf seine Karriere zurück und erklärt, wie sein Leben nach dem Profi-Radsport aussehen wird.

Die Vuelta war Ihr letztes Profirennen. Eigentlich war vorgesehen, dass Sie im Spätherbst noch einige Wettbewerbe wie Paris-Tour fahren sollten. Warum wurden die Pläne geändert?

Lang: Das war ein Geschenk der Teamleitung. Marc Sergeant (Langs Teamchef, d. Red.) hat mir während der Vuelta mitgeteilt, es sei der Dank des Teams an mich, dass ich keine Rennen mehr fahren müsse. Darüber habe ich mich sehr gefreut, denn so bleiben mir viele Reisen erspart und der Übergang in mein neues Tätigkeitsgebiet fällt leichter.

Mit welchem Gefühl sind Sie am Ende der Vuelta in Madrid über den Zielstrich gerollt?

Lang: Es war keine Wehmut dabei. Bereits bei der Tour habe ich jeden Berg genossen – in dem Wissen, es ist das letzte Mal ist, dass ich ihn überqueren muss. So ging es mir auch bei der Vuelta. Ich habe so viele Eindrücke wie möglich aufgesaugt.

Wird es noch ein Abschiedsrennen geben?

Lang: Nein. Die Vuelta war mein persönliches Abschiedsrennen. Ich wollte den Abschluss auf meine Art machen. Die Etappen in Spanien waren zwar schwer, aber ich konnte sie trotzdem genießen. Jede Etappe war ein kleines Abschiedsrennen. Man zählt täglich die Etappen runter. Am Wochenende bin ich noch bei Rund um Sebnitz gestartet. Dort hat sich die Organisation sehr viel Mühe gegeben und mich würdig verabschiedet. Ein wirkliches Abschiedsrennen gebe ich aber nicht.

Bei der Vuelta waren Sie auch als Ausreißer unterwegs, wurden zum kämpferischsten Fahrer einer Etappe gekürt...

Lang: Und auch wenn manche lachen: Das hat schon eine Bedeutung für mich. Ich habe diesen Preis nun bei der Tour und der Vuelta gewonnen. Bei einer großen Rundfahrt auf dem Podium zu stehen ist etwas besonderes. Das schaffen nicht viele Fahrer. Bei der Etappe, auf der ich  als Ausreißer aktiv war, bin ich auf Sieg gefahren, aber leider war der Schlussanstieg zu steil und ich zu schwer..

Ein lockeres Ausrollen zum Abschied war die Vuelta also nicht?

Lang: Nein. Die Teamleitung von Omega Pharma Lotto hat mich als einen der professionellsten und zuverlässigsten Sportler bezeichnet. Sie wussten, dass ich mich nach der Tour nicht habe hängen lassen und fleißig trainiert habe, obwohl ich mein Karriereende angekündigt hatte. Sie wissen, dass ich meinen Beruf sehr ernst nehme und bis zum Schluss alles für das Team geben würde. Ich werde auch noch weiterhin trainieren, falls ein Anruf vom Team kommt, dass ich doch noch mal ein Rennen bestreiten müsste, aufgrund eines großen personellen Engpasses etwa.

Wären Sie die WM noch gerne gefahren?

Lang: Natürlich. Ich bin mit guter Form aus der Vuelta herausgekommen. Ich selbst hätte bei der Nominierung an eine andere Aufstellung gedacht, aber der BDR ist für die Nominierung zuständig und wird sicherlich richtig entschieden haben. Ich bin aber auch nicht übermäßig traurig, dass es nicht geklappt hat, denn es gibt im Moment viele gute Fahrer in Deutschland.

Welche Attribute passen am besten zu dem Radprofi Sebastian Lang?

Lang: Ich würde mich als selbständig, zuverlässig, professionell und fleißig bezeichnen. Ich bin nicht mit dem großen Radsportgen gesegnet. Ich musste mir schon den Nationalmannschaftsstatus in der U23 hart erarbeiten, habe nicht als der nächste Eddy Merckx gegolten. Ich habe mich nicht auf mein Talent verlassen, denn das hatte ich nicht. Ich habe aber nie aufgehört zu kämpfen, und es hat sich gelohnt.

Mit welchen sportlichen Zielen sind Sie Profi geworden?

Lang: Ich hatte mir keine konkreten Ziele gesteckt. Ich habe nie gesagt: Ich will die Tour oder einen Klassiker gewinnen. Ich war schon früh Realist, habe gewusst, was ich kann und was ich nicht kann und habe vor allem an meinen Stärken gearbeitet. Ich wusste, dass ich ein guter Zeitfahrer bin und dass ich nicht so schlecht bergauf komme, hatte jedoch Probleme bei den langen Pässen. So waren schon mal viele Rennen für mich als Ziel ausgeschlossen.

Dennoch haben Sie einige Rennen gewonnen…

Lang: Ja, aber ich war kein typischer Siegfahrer. In erster Linie war ich Helfer und dann Zeitfahrer. Mein Gesamterfolg bei der Dänemark-Rundfahrt war zum Beispiel taktisch klug vorbereitet von meinem damaligen Sportlichen Leiter Christian Henn.

Wem haben Sie am meisten zu verdanken?

Lang: Sehr vielen Menschen. Vor allem meiner Familie, allen voran meiner Frau. Wenn das familiäre Umfeld passt, dann ist schon viel gewonnen. Aber auch Jens Lang oder Hans-Michael Holczer, der mir einen Profivertrag anbot, sind zu nennen. Gleiches gilt auch für Christian Henn oder Michael Rich, Horst-Werner Freiberger, Marc Sergeant, Herman Frison und so vielen mehr.

Was war Ihr schönster Erfolg?

Lang: Das war 2006 bei der Drei-Länder-Tour. Da habe ich an meinem Geburtstag das Zeitfahren gewonnen und das Gelbe Trikot übernommen, was ich bis zum Rundfahrtende nicht mehr abgegeben habe. Das war zwar nicht mein größter Karriereerfolg, aber dafür mein schönster, denn meine jetzige Frau war samt Verwandtschaft nach Griesheim angereist, um mir mit einer Torte zu gratulieren.

Was war Ihr schlimmstes Erlebnis?

Lang: Sportlich sicherlich das Jahr 2007, als ich mir bei der Katalonien-Rundfahrt die Ferse gebrochen hatte und deshalb auf die Tour de France verzichten musste. 2007 war allgemein ein hartes Jahr. Psychisch war es aber das Jahr 2008 mit den Dopingfällen im Gerolsteiner-Team. Nach der Fuentes-Affäre dachte ich noch, dass es nur die Großen der Szene beträfe. Aber wenn man dann nicht einmal den Leuten im eigenen Team vertrauen kann…das war psychisch sehr schwer für mich zu verkraften.

Sie sind aber dennoch drei Jahre – in Belgien – weitergefahren. Warum?

 Lang: Mein Umfeld hat mir damals geraten, nicht alles hinzuschmeißen. Ich selbst habe dann auch einen Weg gefunden. In Belgien habe ich mich neu kennengelernt. Dort habe ich zu neuer Motivation und neuem Elan gefunden. Vor allem die Rolle als „Großvater“ im Team, der den jungen Sportlern mit Rat zur Seite steht, hat mir große Freude bereitet. So etwas könnte ich mir auch für die Zukunft vorstellen.

Wie sehen Sie heute die Dopingproblematik im Radsport?

Lang: Doping ist kein Problem des Radsports im Speziellen, sondern des Sports ganz allgemein. Leute dopen, weil sie sich bereichern wollen. Man darf diese Problematik nicht wegreden, aber auch nicht überziehen. Es ist aber auch ein Thema, das mich immer wieder neu belastet.

Ist die Doping-Problematik auch der Grund, warum Sie nun in ein berufliches Umfeld abseits des Radsports wechseln?

Lang: Nein. Sonst hätte ich meine Karriere schon 2008 beendet. Ich wollte aber einfach etwas anderes machen. Ich weiß, dass dies ein harter Weg ist, aber ich gehe lieber diesen harten Weg, als einen, der mich auf Dauer nicht befriedigt.

Können Sie Ihre neue Tätigkeit beschreiben?

Lang: Ich belege den BA-Studiengang Fitnessökonomie und Sportmanagement. Das ist ein Fernstudium. Zudem arbeite ich im Sportpark Johannesplatz in Erfurt. Wie genau mein Tätigkeitsfeld aussehen wird, werden das Studium und die Zeit zeigen.

Würden Sie jungen Menschen dazu raten, Radprofi zu werden?

Lang: Ich würde auch meinen eigenen Sohn dabei unterstützen, wenn er Berufsradfahrer werden wollte. Warum sollte ich dann anderen Leuten davon abraten?

Können Sie als Thüringer das Erfolgsrezept der Thüringer Radsportler wie etwa John Degenkolb oder Marcel Kittel verraten?

Lang: Wir haben ein sehr gutes Trainingssystem. Die jungen Sportler gehen auf ein Sportgymnasium. Dort läuft die Kooperation mit den Vereinen sehr gut. Ein großes Verdienst gilt dabei vor allem Jörg Werner, Jens Lang, aber auch Stephan Schreck. Das ganze Konzept stimmt, so etwas findet man in Deutschland nur sehr selten – auch außerhalb des Radsports.

Gibt es im Radsport echte Freundschaft?

Lang: Jein. Ich selbst habe die Erfahrung nicht gemacht. Ich konnte nie sagen: Ich habe einen besten Freund im Peloton. Vielleicht habe ich die Kollegen auch nicht nahe genug an mich herangelassen. Dass aber Leute über den Radsport zu besten Freunden werden können, zeigen unter anderem André Greipel und Marcel Sieberg. Ich habe aber auch erlebt, dass aus guten Freunden fast Feinde geworden sind. Vielleicht hatte ich auch einfach Angst, enttäuscht zu werden.


Mit Sebastian Lang sprach Christoph Adamietz.

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