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Abbéville - Rouen: Der Samurai und der Apfel | radsport-news.com

Teo Tigers Tour-Tagebuch - 4. Juli - 4. Etappe

Abbéville - Rouen: Der Samurai und der Apfel

Von Teo Tiger

Foto zu dem Text "Abbéville - Rouen: Der Samurai und der Apfel "
Der kleine Tiger auf dem Weg nach - ja wohin denn nun? | Illustration: Janosch film & medien AG

05.07.2012  |  (rsn/tt) - Ein echter Samurai, dachte sich der Tiger, als der japanische Europcar-Profi Yukiya Arashiro gestern schon kurz nach dem Start zu einer Solo-Fahrt losbretterte. Zwar bekam er nur wenig später Unterstützung von David Moncoutié und Anthony Delaplace. Das Trio konnte dem Feld 208 Kilometer lang standhalten, und der tapfere Sonnen-Krieger wurde mit der roten Startnummer für den kämpferischsten Fahrer belohnt.

Dass Arashiro ein echter Samurai ist, kann man im Land der aufgehenden Sonne in jedem Comic-Laden besichtigen. Hat der Tiger im Netz gefunden: Zusammen mit seinem Landsmann Fumy Beppu (der ebenfalls 2005 als Profi nach Europa ging) ist er dort als 15 cm große Plastik-Figur in der Sammlung „Real Samurai“ des Comic-Künstlers Sean Hao zu kaufen. Die Zwei wurden als bisher einzige Radler in den Figuren-Adelsstand erhoben (der Rest besteht aus Sumo-Ringern, Baseball- und Fußball-Helden), als sie 2009 als erste Japaner die Tour de France finishten.

Der erste Japaner bei der Tour
Aber Moment mal, ging es dem Tiger durch den Kopf: Versuchte nicht schon im Jahr 1926 ein Japaner sein Glück bei der Tour? Kisso Kawamura, so hieß der Wagemutige, kam jedoch über die 1. Etappe nicht hinaus. Und auch bei einem weiteren Start im Jahr darauf war ihm nicht mehr Erfolg beschieden: Er scheiterte wiederum bereits am ersten Tag, am Zeit-Limit. Ob er daraufhin wie ein echter Samurai Harakiri beging, ist nicht überliefert.

Seine beiden Landsleute Arashiro und Beppu haben in ihrer Heimat mit durchaus beachtenswerten Ergebnissen (Beppu war 2011 Achter auf der 1. Giro-Etappe, Arashiro gewann im vergangenen Jahr eine Etappe der Tour du Limousin, und wurde Dritter der Gesamtwertung) seit 2009 fast eine Rad-Euphorie ausgelöst: Drei Fernseh-Sender berichten seitdem jedes Jahr von der Tour, plus fast zwei Dutzend Journalisten und Fotografen. Nicht schlecht für zwei Fahrer, findet der Tiger.

Dass der Einsatz der beiden Asiaten nur ein Schachzug der Tour-Organisatoren ist, um neue Märkte zu erschließen, würde ein echter Samurai dagegen nie behaupten. Weiß der kleine Tiger. Denn Japan ist noch Rad-Entwicklungsland: "Bei uns tut die Regierung zu wenig für Radler", sagte der Sport-Journalist Kazuyuki Yamaguchi aus Tokio in einem Spiegel-Online-Interview: „Die leben in Japan gefährlich. Es gibt nicht genug Radwege, stattdessen zu viele Autos und Unfälle.“

Ein Damen-Rad für kleine Japaner?
Aber im Gegensatz zu manch anderem Fahrer heute ist Yukiya Arashiro heil im Ziel in Rouen angekommen. Trotz seiner seltsamen Sitz-Position, die dem Tiger schon vom Hinschauen Kreuzschmerzen bereitet hat. Kann ihm Europcar nicht mal ein passendes Dienstrad besorgen? Dass es für so kleine Fahrer keine geeigneten Teile gibt, wie ein Eurosport-Kommentator  allen Ernstes behauptete, ist ja nicht ganz richtig: Alle großen Hersteller bieten seit Jahren eigene Damen-Räder an. Und die sind wohl klein genug. Arashiro muss sie ja nicht im Original-Design fahren, in Rosa und mit Blümchen…

Zurück nach Rouen: Zum heutigen Etappen-Ort fällt dem kleinen Tiger noch eine schöne (oder eher häßliche?) Geschichte ein: Bei der Tour 1911 fuhr der kleine, drahtige Paul Duboc, 1884 in Rouen geboren, den damaligen Top-Fahrern Gustave Garrigou, Octave Lapize (genau, der mit dem "Mörder"-Ausruf) und Jean Christophe in den Pyrenäen nur so um die Ohren. Bald war er Zweiter der Gesamtwertung.

Auf der 9. Etappe, in der Abfahrt vom Tourmalet, bekam Duboc an einer Verpflegungskontrolle eine Flasche gereicht, aus der er wenige Schlucke trank. Kurz darauf plagten ihn im Anstieg zum Col d'Aubisque Magenkrämpfe, er fuhr Schlangenlinien, stürzte, und wurde fast von seinem eigenen Begleitfahrzeug geplättet.

Tour 1911: Gift-Attacke auf den Zweiten
Im Straßengraben musste sich Duboc mehrmals übergeben, und erbrach eine schwarze Flüssigkeit. Sein Glück, wie der Rennarzt später feststellte: Der Inhalt des Bidons, den Tour-Chef Henri Desgrange sofort konfisziert hatte, war vergiftet. Zwar konnte Duboc die Etappe noch beenden – aber die Konkurrenten waren natürlich weit enteilt, sein Rückstand auf Garrigou betrug nun fast vier Stunden.

Damit ist die Geschichte aber noch nicht zu Ende, wie der Tiger mal wieder in mühevoller Kleinarbeit in seinem umfangreichen Archiv recherchiert hat. Wenige Tage später kam die Tour in Dubocs Heimat, die Normandie (daher sein Spitzname „la pomme“, der Apfel), und seine Fans schworen Rache an Garrigou, den sie als Anstifter vefrmuteten, da er ja am meisten von der Vergiftung profitiert hatte. Der Führende wurde auf der Strecke permanent beschimpft, und immer wieder auch mit Äpfeln beworfen.

Besonders kritisch wurde es dann auf der 14. Etappe, die durch Dubocs Geburtsstadt Rouen führte. Hier forderten gnadenlose Fans auf großen Plakaten entlang der Strecke auf, Garrigou zu lynchen. Desgrange schimpfte: „Jetzt wollen sie nach Jeanne d' Arc schon wieder einen Unschuldigen auf den Scheiterhaufen stellen!“ Die Jungfrau von Orleans war nämlich 1431 in Rouen verraten und hingerichtet worden.

Gut getarnt durch Rouen
Gustave Garrigou wollte ob so viel Fanatismus schon aufgeben, aber Henri Desgrange weigerte sich, den Führenden aus dem Rennen zu nehmen. Der Tour-Chef ließ Garrigous Rad umlackieren, gab ihm ein anderes Trikot und eine Sonnenbrille. So getarnt fuhr der Rundfahrt-Erste mit drei Wagen Geleitschutz unbehelligt durch Rouen.

Immerhin konnte sich Paul Duboc bis Paris wieder auf den zweiten Platz vorkämpfen – seine beste Plazierung bei der Tour, die er bis 1927 jedes Jahr fuhr. Einige Jahre später gab ein Pfleger von Duboc zu, ihm das Gift in die Flasche gemischt zu haben. Wer ihn dazu angestiftet hat, verriet er allerdings nicht.

Ob es tatsächlich Gustave Garrigou war, wie Dubocs Fans glaubten, ist allerdings eher unwahrscheinlich: Der Bretone mit dem beeindruckenden Schnauzer hatte 1911 bis auf die 2. und 3. Etappe alle weiteren Tagesrennen gewonnen. Paul Duboc hätte Garrigou wohl auch dann nicht in der Gesamtwertung geschlagen, wenn ihn die Vergiftung nicht zurückgeworfen hätte. Aber immerhin hat sich Duboc wieder tapfer zurückgekämpft. Wie ein echter Samurai...

Das war's für heute. Vielen Dank, dass Sie bis hierher mitgekämpft haben. Und klicken Sie auch übermorgen wieder rein, wenn Teo Tiger sich so seine Gedanken macht. Dann garantiert Gift-frei. Versprochen.

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