Van der Breggen doch noch auf Podiumskurs

Stevens holt Zeitfahrsieg, aber kann Guarnier nicht gefährden

Von Felix Mattis aus Varazze

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Evelyn Stevens (Boels-Dolmans) feierte in Varazze ihren dritten Tagessieg bei diesem Giro Rosa. | Foto: Cor Vos

08.07.2016  |  (rsn) - Aufgeregt rutschte sie gerade eben noch auf dem Hot Seat der Zeitschnellsten umher: Evelyn Stevens (Boels-Dolmans) erwartete sehnsüchtig die Zielankunft von Teamkollegin Megan Guarnier im Rosa Trikot. Nach 21,9 Zeitfahrkilometern zwischen Albisola Superiore und Varazze hatte sie als drittletzte Starterin in 36:21 Minuten die Bestzeit aufgestellt, und die zwei Minuten nach ihr gestartete Mara Abbott (Wiggle-High5) war gerade mit einer Zeit von mehr als 38 Minuten ins Ziel gerollt.

Jetzt tickte die Uhr für Guarnier, und als die 31-Jährige über den Zielstrich schoss, wurde Stevens sofort zum Tagessieg gratuliert. Doch die Stundenweltrekordlerin brach nicht sofort in Jubel aus. "Was ist mit dem Maglia Rosa", wollte sie zuerst wissen, ob sie Guarnier jene 1:03 Minuten abgenommen hatte, die sie im Gesamtklassement hinter ihrer Teamkollegin lag. Die Antwort konnte ihr zunächst niemand genau geben, doch sie war letztlich eindeutig: Nein.

Guarnier verlor auf dem sowohl topografisch als auch technisch anspruchsvollen Zeitfahrkurs, den bis auf Stevens alle Mitfavoritinnen auf dem Straßenrad mit Aufliegern anstatt mit der Zeitfahrmaschine absolviert hatten, 29 Sekunden und blieb somit im Rosa Trikot. Stevens jubelte vor den laufenden Kameras schließlich trotzdem ausgiebig über ihren dritten Tageserfolg beim 27. Giro Rosa, und Guarnier brach hinter der Bühne in Tränen aus.

Die Gesamtführende fiel ihrem Betreuer um den Hals und heulte Rotz und Wasser. "Letztes Jahr habe ich Rosa im Zeitfahren verloren. Ich habe damals mein Bestes gegeben und trotzdem verloren - als dann heute im Ziel klar war, dass ich es behalten würde, fiel der ganze Druck ab", erklärte sie später. Zwei Etappen vor Schluss der Italien-Rundfahrt steht die Führende der UCI Women's WorldTour vor dem Gesamtsieg der zehntägigen Rundfahrt.

"Die verbleibenden Etappen sind nicht so schwer wie die, die wir schon gesehen haben und ich fühle mich immer stärker", so Guarnier. "Ich will nicht sagen, dass es einfach ist, aber taktisch wird es vielleicht schon etwas leichter, das Trikot zu behalten." Am Samstag steht etwas nordwestlich von Mailand in Legnano eine 99 Kilometer lange Flachetappe auf dem Programm, die voraussichtlich im Massensprint enden wird. Tagsdrauf aber endet der Giro am Lago Maggiore mit einem 104 Kilometer langen Schluss-Teilstück, das 13 Kilometer vor dem Ziel in Verbania noch einen Anstieg der 2. Kategorie beinhaltet.

"Natürlich werden wir versuchen, nochmal zu attackieren", sagte angesichts dieses Anstiegs die neue Gesamtdritte Anna Van der Breggen (Rabo-Liv). Die Titelverteidigerin, die an den ersten Rundfahrttagen schwächelte, wurde von Tag zu Tag besser und verpasste den Zeitfahrsieg in Varazze nur um vier Sekunden. 1:53 Minuten Rückstand auf Guarnier aufzuholen und so nach der Titelverteidigung zu greifen scheint für sie aber kaum möglich. Die größte Gefahr dürfte daher ausgerechnet Stevens darstellen - und nach deren Etappensiegen in Montenars sowie an der Madonna della Guardia, wo sie Guarnier jeweils eiskalt stehen ließ, scheint ein Angriff aus dem eigenen Lager nicht ausgeschlossen.

"Megan hat das Trikot und das ist fantastisch, denn das war ihr großes Ziel", sagte Stevens zwar in Varazze. Doch die 33-Jährige weiß auch genau, warum sie trotz Siegen im Zeitfahren sowie bei beiden Bergankünften des Giros nicht selbst im Rosa Trikot auf die zwei Schlussetappen gehen wird: weil sie in der Abfahrt vom Mortirolo abreißen ließ, als die Favoritengruppe Jagd auf Abbott machte, und knapp anderthalb Minuten verlor.

"Sicher könnte ich sagen: Oh, wenn ich doch bloß...", so Stevens nun. "Aber es sind noch zwei Tage und ich bin sicher, dass die Anderen aggressiv fahren werden." Ein Loyalitäts-Bekenntnis klingt anders. Fraglich ob Stevens auf Guarnier wartet, wenn Van der Breggen, Abbott oder auch die Gesamtfünfte Claudia Lichtenberg (Lotto-Soudal), die im Zeitfahren als 14. 1:56 Minuten auf Stevens einbüßte, am Sonntag auf dem Weg nach Verbania attackieren.

Und dass Angriffe erfolgen werden ist sicher. Denn gerade Kasia Niewiadoma (Rabo-Liv) und die am Lago Maggiore geborene Elisa Longo Borghini (Wiggle-High5) - beide kletterten diese Woche hervorragend, erlebten aber jeweils einen schwarzen Tag - sind noch auf der Jagd nach einem Etappensieg.

Longo Borghini hatte in Varazze vor Stevens auf dem Hot Seat gesessen und wurde schließlich mit vier Sekunden Rückstand Tagesdritte. Niewiadoma belegte hinter Guarnier mit 37 Sekunden Rückstand auf Stevens den fünften Rang, Karol-Ann Canuel (Boels-Dolmans / + 1:04 Minuten) wurde Sechste und die Schweizer Meisterin Doris Schweizer (Cylance) trotzte ihrer Abfahrtsschwäche auf der technisch schweren Zeitfahrstrecke und wurde 1:32 Minuten hinter Stevens Siebte. Im Gesamtklassement rückte sie daher von Rang 15 auf 13 vor.

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