20.000 feiern in Chemnitz den Lokalmatador

Burghardt: "Ich bin so stolz, hier Meister geworden zu sein"

Von Joachim Logisch

Foto zu dem Text "Burghardt:
Marcus Burghardt (Bora-hansgrohe) strahlt im Trikot des Deutschen Meisters. | Foto: Cor Vos

25.06.2017  |  (rsn) - Tolles Ende einer tollen Deutschen Meisterschaft! 20000 Zuschauer feierten in Chemnitz Marcus Burghardt (Bora-hansgrohe), der nach einem starken Rennen und der großen Unterstützung seines Teamkollegen Emanuel Buchmann, der Zweiter wurde, seinen ersten Titel gewann.  Der ehemalige Tour-Etappensieger (2008) und Gewinner von Gent-Wevelgem (2007) war der erklärte Liebling der Fans. Ist er doch einer aus ihrer Mitte, geboren im nur knapp 20 Kilometer entfernten Zschopau.

Unermüdlich hatten die Fans den 33-jährigen Burghardt entlang der 19,4 Kilometer langen Runde angefeuert, die elf Mal befahren werden musste (213,4 km). Deshalb galt sein erster Dank auch dem Publikum. Nachdem er als Sieger die Ziellinie überquert hatte, stellte der neue Deutsche Meister sein Rad ab und kehrte zu Fuß zurück, um sich tief vor allen zu verbeugen.

"Wahnsinn, hier am Start und oben an der Bergwertung waren so viele Menschen, die meinen Namen gerufen haben. Das hat mich so gepusht. Ich hatte in der letzte Runde schon Krämpfe in den Waden. Doch ich wollte euch einfach das zurückgeben, was ihr mir in den letzten fünf Stunden gegeben habt. Ich bin so stolz, hier Meister geworden zu sein," sagte der Sachse im ersten Siegerinterview mit Tränen in den Augen an seine Anhänger gewandt.

Es gab wohl kaum einen, der ihm den Sieg nicht gegönnt hätte. Ist Burghardt doch als extrem mannschaftsdienlicher Fahrer bekannt, der schon mit Jan Ullrich zusammengefahren war und Cadel Evans bei dessen Toursieg 2011 unterstützt hatte. Deshalb kam der entthronte Titelverteidiger André Greipel (Lottoi-Soudal) mitten im Interview zu ihm, umfasste ihn von hinten und hob ihn hoch, um ihn als Sieger zu ehren.

Auch Emanuel Buchmann hatte seinem Mannschaftskollegen den Erfolg nicht streitig gemacht. Im Gegenteil, wie Burghardt seine Teamkollegen immer selbstlos unterstützt, half "Emu", der 2015 Deutscher Meister geworden war, seinem Begleiter aufs oberste Treppchen. Schon bevor der zweimalige Etappensieger der Tour de Suisse von 2010 die Ziellinie überquert hatte, streckte Buchmann wenige Meter hinter ihm jubeld die Faust in den Himmel. Er hatte die entscheidende Attacke am letzten Berg vorbereitet. "Ich habe dann auf Marcus gewartet. Er ist ein superwichtiger Helfer für uns und ich wusste, wie wichtig ein Sieg für ihn hier sein würde", erklärte der 24-Jährige, der bei der Tour auf das Weiße Trikot als bester Nachwuchsfahrer spekulieren kann.

"Wir hätten heute den Sieg aussprinten können. Ich bin aber immer da, arbeite immer für die Mannschaft. Es gab keinen besseren Ort und keinen besseren Zeitpunkt, um mir das zurückzugeben", freute sich Burghardt über die Geste seines Edelhelfers, der noch viele Jahre Zeit hat, seine zweite Deutsche Meisterschaft einzufahren. Burghardt wird am kommenden Freitag 34, einen Tag vor dem Tourstart in Düsseldorf. Darauf freut er sich nun ganz besonders: "Es ist fantastisch, mit dem Deutschen Meistertrikot am Samstag in Düsseldorf am Tourstart zu stehen".

Sein Sieg war hart erarbeitet und Ergebnis einer taktisch klugen Vorbereitung. Von Beginn hatten die 201 Starter mit einem Stundenmittel von fast 46 km/ losgelegt, wobei sich ständig neue Ausreißergruppen bildeten, die immer wieder neutralisiert wurden. Schon der ersten Gruppe gehörte Buchmann an. Ein Zeichen, dass Bora-hansgrohe nichts dem Zufall überlassen wollte.

Erst in der fünften Runde war das Feld wieder geschlossen. Doch die Angriffe gingen weiter. Marco Mathis (Katusha-Alpecin), Louis Leinau ( Sauerland NRW p/b Henley & Partners) und Florian Nowak (Herrmann Radteam), der später Siebter wurde, versuchten es erneut. Im Laufe der sechsten Runde schlossen fast alle großen Namen auf, bis sich eine 44-köpfige Spitzengruppe gebildet hatte. Ihr gehörten unter anderem Nils Politt und Rick Zabel von Katusha-Alpecin, Marcel Kittel und Max Schachmann von Quick-Step Floors, John Degenkolb von Trek-Segafredo, Jasha Sütterlin von Movistar, Nico Denz von AG2R, Roger Kluge von Orica-Scott, Lennard Kämna, Simon Geschke und Phil Bauhaus von Sunweb sowie Nikias Arndt, Silvio Herklotz, Emanuel Buchmann und Marcus Burghardt von Bora-hansgrohe an. 

André Greipel hatte dagegen auf dem schweren Rundkurs den Sprung verpasst. In einer Verfolgergruppe kämpfte der Hürther um den Anschluss, den er schließlich zusammen mit Jonas Koch in der achten Runde zu den verbliebenen 33 Fahrern an der Spitze herstellte.

Am Ende dieses Durchgangs attackierte Michael Schwarzmann (Bora-hansgrohe) aus der Spitzengruppe heraus. Doch er wurde wieder gestellt. Ende der nächsten Schleife griffen Degenkolb und Kluge an. Sie setzen sich an die Spitze, gefolgt von Politt, Buchmann und  Burghardt. Dem Trio gelang eingangs der letzten Runde wieder der Anschluss an das Spitzenduo. Danach trat Degenkolb nochmals an, doch Burghardt und Buchmann konterten. Sie hatten jetzt zu zweit alles in der Hand. Weil sie sich absolut einig waren und perfekt zusammenarbeiteten, schafften sie bald eine Lücke zu Degenkolb und Politt, die am Ende die Plätze drei udn vier belegten.

Und Burghardt durfte seinen so ersehnten und noch mehr verdienten Titel feiern.

 

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